Kultur am Samstag – Leben mit Corona


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74 Erfahrungen und Empfindungen aus dem Leben mit Corona         „Vieles Selbstverständliche ist nicht selbstverständlich“

Von Menschlichkeit, Lebens-Erkenntnis, Natur-Entdeckung, Kultur-Mangel, Enttäuschung und Angst

„Ohne Corona hätte ich niemals gedacht, dass es so viele Menschen gibt, die zusammenhalten und füreinander da sind“:  Es gibt viele Möglichkeiten, das Leben in Zeiten der Pandemie zu meistern und viele Varianten der Betroffenheit. Das hat unsere Umfrage der Bürgerstiftung in der Schwerter Mitte zur Marktzeit im Hof des neuen Ensembles gezeigt.

74 Besucher*innen unseres Info-Standes haben ihre oft berührenden Gedanken zu Corona auf unseren Karten niedergeschrieben. Die Antworten zum Leben mit Corona werden als Teil unserer Stadtgeschichte Eingang in die neue Museumsausstellung finden, die derzeit im Aufbau ist.

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Über die Fassungslosigkeit hinaus, „dass die gesamte Welt kollektiv so herunterfährt, wie es geschehen ist“ und „dass so etwas überhaupt möglich ist“, haben sich die Schwerter und Schwerterinnen neben der Auflistung der guten Erfahrungen des Miteinanders auch ihre Sorgen und Ängste, negative Auswirkungen von Corona auf ihr alltägliches Leben, auf Schule, Studium und Arbeitswelt von der Seele geschrieben.

Besonders emotional berührend sind die Stimmen der Kinder und Jugendlichen zum Leben mit Corona. Auch kulturelle Angebote werden sehr vermisst, wohingegen für Natur und Klimaschutz neue Chancen gesehen werden, die sich gerade jetzt auftun. Weitere Themenblöcke zeigen, dass die Pandemie mit ihren Herausforderungen auch schlummernde Fähigkeiten weckt, um inmitten all der Einschränkungen zurechtzukommen. Und auch Rückbesinnung auf Zufriedenheit und Dankbarkeit für Gesundheit und Freiheit wurden zum Ausdruck gebracht. Wir stellen hier im Folgenden einige der teils intensiven Antworten der Schwerter Marktbesucher*innen etwas ausführlicher vor.

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Positive soziale Erfahrungen

Die positive Erfahrung zum Umgang miteinander wurde mehrfach zum Ausdruck gebracht mit weiteren Zitaten wie: „ohne Corona hätte ich niemals gedacht, dass die Menschen derart erfinderisch, kollegial, sozial, hilfsbereit und innovativ sein können“. Ähnlich die Antwort: „dass wir uns so nahe kommen, um gemeinsam zu beraten, was nun zu tun ist“. In diesem Themenbereich ist weiterhin von Nachbarschaftshilfe, Rücksichtnahme und der Bedeutung der zwischenmenschlichen Beziehungen die Rede. Dazu passen auch die Antworten:  „Ohne Corona hätte ich niemals gedacht, dass ich den Kontakt zu anderen Menschen so sehr brauche“ oder „ … das mir die alltäglichen Umarmungen so wichtig sind“.

Sorgen, Ängste und Schattenseiten

Aber auch Sorgen, Ängste und Schattenseiten werden deutlich. „Ohne Corona hätte ich niemals gedacht, dass man plötzlich so einsam sein kann und auf sich gestellt ist – aber auch unerwartet Hilfe von vielen Seiten bekommen kann“,  „dass Freundschaften sich verändern“,  „dass ich meine ausländischen Verwandten nicht besuchen kann“, „dass ich so nachdenklich würde“, „dass ich nach meiner Ertaubung noch einmal so viele Verständigungsschwierigkeiten bekomme – aufgrund des Mund-Nasen-Schutzes“, „dass z.B. mein Mann im Krankenhaus sterben könnte, und ich nicht dabei bin“.

Negative Auswirkungen auf Schule, Studium und Beruf

Auch die negativen Auswirkungen von Corona auf Schule, Studium und Berufswelt wurden zu Papier gebracht. Dazu gehören u.a. die Antworten „ohne Corona hätte ich niemals gedacht, dass zwei Jahre Arbeit und Planung für die Katz sein können“, „dass Schulen und Geschäfte jemals geschlossen werden“,  „dass Schulbildung der Regierung so nebensächlich ist“, „dass Existenzen von heute auf morgen zerbrechen“, „wie unheimlich es ist, in der Schule (mit 1300 Menschen) zu arbeiten“, „dass sich mein Abschied in die Rente so schwierig darstellt: kein Fest – einfach weg“ oder „hätte ich niemals gedacht, wie sehr mir die Uni fehlen kann“.

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Der kulturelle Austausch fehlt

Spuren hinterlässt auch der pandemie-bedingte Verzicht auf Kultur: „ohne Corona hätte ich niemals gedacht, dass mir das Kulturleben in Schwerte so fehlen würde“, „dass mir die kulturellen Treffen und der damit verbundene Austausch so wichtig sind und mir so sehr fehlen“, „dass den Menschen jetzt erst auffällt, wie systemrelevant Kultur ist“.

Chancen für Natur und Klimaschutz

Natur und Klimaschutz liegen den Schwerter*innen in diesen besonderen Zeiten ebenfalls am Herzen: „Ohne Corona hätte ich niemals gedacht, dass so viele Leute die örtliche Natur wiederentdecken“, „dass so viel Geld für die Wirtschaft da wäre – denn für den Klimawandel war kein Geld da!“, „dass es möglich ist, die Welt auf Null zu stellen – jetzt das gleiche beim Klima bitte“, „Corona ist eine große Chance für uns alle, für die Umwelt und die Ressourcen – auch für die lokale Umgebung“,

Kinder und Jugendliche leiden

Wie einschneidend  Corona auch auf den Alltag unserer Kinder und Jugendlichen einwirkt, zeigen folgende Antworten:  „ohne Corona hätte ich bei Oma schlafen können – Corona ist auch ein bisschen doof“, „wegen Corona konnten wir nicht in den Urlaub fahren und ich habe immer Angst vor Ansteckung“, „ohne Corona könnte ich besser Handballspielen und Kindergeburtstag feiern“, „durch Corona muss man immer Maske tragen, Abstand halten und ganz viele Leute sterben“.

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Der Mangel weckt schlummernde Fähigkeiten

Corona weckt aber auch ungeahnte Fähigkeiten, die aufgrund der Einschränkungen plötzlich gefordert sind: „ohne Corona hätte ich niemals gedacht, dass meine 88jährige Mutter Computer lernt und mit uns skypt“, „dass ich mir mit 73 Jahren noch ein Smartphone zulege“, „dass ich mir die Nähmaschine erklären lasse und anfange, zu nähen (etwas schiefgeratene Masken)“ oder ganz pragmatisch: „dass ich so viel im Haus umbauen kann“.

Wertebesinnung und Dankbarkeit

Die Pandemie bringt neben der Rückbesinnung auf Werte auch etwas Demut und Dankbarkeit mit sich. „Durch Corona wird einem noch einmal bewusst, wie gut es uns in unserem Land geht und wie dankbar man sein kann für Gesundheit und Freiheit“, „ohne Corona hätte ich niemals gedacht, dass mein Leben so wertvoll ist“, „dass unsere Regierung die Krise gut im Griff hat“, „dass Freiheit so ein Luxus ist!“, „wie schnell sich alles ändern kann“, „dass das Leben vor Corona so bunt war“, „dass vieles Selbstverständliche nicht selbstverständlich ist“.

Text und Fotos: Martina Horstendahl

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Wie ist das Leben in Zeiten der Pandemie?

Umfrage zur Veränderung des persönlichen Alltags in Schwerte: Ohne Corona hätte ich niemals gedacht, dass…

Leben in Zeiten der Corona-Pandemie: Was hat das für Auswirkungen im Allgemeinen,  auf unsere Stadtgesellschaft, auf das Zusammenleben, auf jeden Einzelnen und jede Einzelne von uns? Welche Erfahrungen wurden gemacht? Diesen und weiteren Fragen zum Thema möchten wir mit unserer Ein-Satz-Postkartenumfrage in der Reihe „Kultur am Samstag“ auf den Grund gehen.

csm_2607C59A-8245-4439-A16D-AC17C47FF58D_1_105_c_902bbff969 Humor als Teil der Krisenbewältigung: „Amerikaner“ mit Mundschutz aus dem Angebot einer Schwerter Bäckerei

Die Aktiven der Bürgerstiftung in der Schwerter Mitte sind am 22. August dann wieder während der Marktzeit von 11 bis 13 Uhr an ihrem Info-Stand im Hof des neuen Ensembles am Markt zu finden. Denn neben der Umfrage, deren Ergebnisse als Teil und gravierender Zeitabschnitt unserer Stadtgeschichte auch Eingang in die neue Ausstellung „ruhrtal  museum heimat ver*rückt“ finden werden, werden auch wieder im direkten Gespräch zahlreiche Infos zu den Plänen der Bürgerstiftung und der neuen musealen Ausstellung vermittelt.

Vertreter und Vertreterinnen des Vorstands, der Bürger-Projekte, der Ensembleleitung und des Historikerinnen-Teams freuen sich auf  einen angeregten Austausch mit den Schwertern und Schwerterinnen.

Text u. Foto: Martina Horstendahl